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Ertragswertverfahren einfach erklärt: 7 Schritte zur Immobilienbewertung

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24.03.2025
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Zusammenfassung

  • Mit dem Ertragswertverfahren wird berechnet, welche Erträge mit einer Immobilie während der gesamten Nutzungsdauer zu erzielen sind.
  • Das vereinfachte Ertragswertverfahren eignet sich vor allem, um den Verkehrswert, also den voraussichtlichen Verkaufspreis von renditeorientierten Objekten am Immobilienmarkt, zu berechnen.
  • Die Ausgangslage sind mehrere Formeln, um den Immobilienwert möglichst exakt zu bestimmen.

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Immobilienbewertung mit dem Ertragswertverfahren

Wer über den Kauf einer Immobilie für den Eigenbedarf nachdenkt, informiert sich mithilfe geeigneter Verfahren im Vorfeld darüber, wie hoch der Wert dieses Objekts ist. Das ist wichtig, um eine Einschätzung darüber treffen zu können, ob der angesetzte Verkaufspreis gerechtfertigt ist.

Für Investoren hingegen ist der Immobilienwert meistens weniger wichtig. Viel interessanter ist für sie, welcher Ertrag sich mit diesem Objekt erzielen lassen wird - schließlich möchte man den Gewinn möglichst maximieren.

Für eine Prognose darüber, wie hoch der Ertrag einer Immobilieninvestition ausfallen wird, eignet sich das Ertragswertverfahren, das im Gegensatz zum Sach- und Vergleichswertverfahren zukünftigen Einkünfte fokussiert.

Einsatzmöglichkeiten des Ertragswertverfahrens

Die Einsatzzwecke sind dabei vielfältig:

  • Ob Sie als Privatperson den Wert Ihrer vermieteten Immobilie ermitteln möchten
  • Als Makler eine fundierte Preisempfehlung geben wollen
  • Oder als Gutachter eine detaillierte Bewertung durchführen

Das Ertragswertverfahren bietet Ihnen eine anerkannte Methodik.

Wertermittlung von Gebäuden: Das Ertragswertverfahren

Im folgenden Artikel informieren wir Sie ausführlich über die Wertermittlung von Gebäuden mithilfe des Ertragswerts. Sie erfahren:

  • Der Wert welcher Gebäude damit ermittelt werden kann
  • Welche Grundlage - aus rechtlicher und aus wirtschaftlicher Sicht - relevant ist
  • Wie die Wertermittlung bei verschiedenen Objekten erfolgt

Außerdem zeigen wir, wie sich die Methode von anderen Verfahren unterscheidet. Auch Vor- und Nachteile des Ertragswertverfahrens werden erörtert.

Besonders häufig auftauchende Fragen im Zusammenhang mit dem Ertragswertverfahren werden im letzten Abschnitt beantwortet.

Lupe auf einer Finanzanalyse-Tabelle mit Performance-Indikatoren, negativen Prozentwerten (-3% bis -50%) und Farbskala zur Leistungsbewertung. Im Bild ist auch ein Taschenrechner zu sehen.

Was ist das Ertragswertverfahren und wofür wird es eingesetzt?

Das Ertragswertverfahren bietet eine Möglichkeit, die Erträge zu berechnen, die eine Immobilie während ihrer restlichen Nutzungszeit erwirtschaften kann. Dabei spielt es keine Rolle, wie hoch der Objektwert zum aktuellen Zeitpunkt ist; stattdessen stehen die möglichen Gewinne im Vordergrund.

Abgrenzung zu anderen Bewertungsverfahren

Weitere mögliche Methoden zur Wertermittlung einer Immobilie sind das Vergleichswert- und das Sachwertverfahren.

  • Beim Sachwertverfahren spielen mögliche Erträge keine Rolle; stattdessen wird der aktuelle Wert eines Objekts ermittelt.

- Neben dem Sachwert des Gebäudes selbst, der unter anderem vom Wert der baulichen Anlagen und dem Alter der Immobilie abhängt

- Wird auch der Wert des Grundstückes berücksichtigt, auf dem das Objekt steht

  • Das Vergleichswertverfahren hingegen ermittelt aufgrund des Verkaufspreises vergleichbarer Immobilien in der Umgebung, wie hoch der Wert des Gebäudes einzuschätzen ist.

Immobilienbewertungsverfahren im Vergleich

  • Vergleichswertverfahren: Eignet sich besonders gut, um den Wert einer Immobilie zu ermitteln, die selbst genutzt werden sollen, oder um den Wert von Grundstücken einzuordnen.
  • Sachwertverfahren: Nimmt eine Bewertung des Ist-Zustands eines Gebäudes vor, eignet sich jedoch nicht, um potenzielle Erträge zu bestimmen.
  • Ertragswertverfahren: Speziell konzipiert, um potenzielle Erträge zu bestimmen. Die Ertragswertmethode ermöglicht damit die Bewertung von Immobilien, die einen Ertrag erzielen. Das können Einnahmen von vermieteten Gebäuden oder auch Erträge eines Unternehmens, also Gewerbeimmobilien, sein.
Zwei kleine weiße Modellhäuser mit roten Dächern auf grünem Hintergrund. Neben den Häusern steht ein kleines Schild mit der Aufschrift "FOR SALE".
Mithilfe eines konkreten Vergleichsfalls werden die Unterschiede der Wertermittlungsverfahren noch deutlicher: Zwei identische Wohnungen (80m²) aus dem Jahr 2000 - eine in zentraler Großstadtlage (1.200€ Miete) und eine in einer Kleinstadt (700€ Miete). Beim Sachwertverfahren läge der Wert beider Wohnungen bei etwa 240.000€, während das Ertragswertverfahren für die Großstadtwohnung etwa 360.000€ und für die Kleinstadtwohnung nur 210.000€ ausweisen würde.

Einsatzmöglichkeiten für das Ertragswertverfahren

In der Praxis findet das Ertragswertverfahren in verschiedenen Situationen Anwendung. In der Regel wird es von Investoren genutzt, um einen Eindruck vom Potenzial einer Immobilie zu bekommen. Dabei kann es darum gehen, abzuschätzen, ob und in welcher Höhe die Mieteinnahmen die laufenden Kosten übersteigen. Auch für eine Unternehmensbewertung eignet sich dieses Verfahren gut.

Die Grundlage des Ertragswertverfahrens sind in jedem Fall immer Immobilien, die Erträge erzielen. Deshalb eignet es sich nicht für Objekte, bei denen dies nicht der Fall ist, zum Beispiel:

  • selbst genutzte Wohnungen
  • öffentliche Einrichtungen
Weißes vierstöckiges Mehrfamilienhaus mit Balkonen, einigen Klimaanlagen und blühenden roten Rosen im Vordergrund. Im Hintergrund ist ein älteres Gebäude zu sehen.

Immobilienbewertung leicht gemacht

Überlegen auch Sie aktuell, eine Immobilie zu erwerben? Stellen Sie sich die Frage, welches Verfahren für deren Wertermittlung geeignet ist? Gehen Sie nach dem folgenden Schema vor, um Klarheit darüber zu erlangen:

  • Prüfen Sie zunächst, ob die Immobilie Erträge generiert (z.B. Mieteinnahmen).
  • Bestimmen Sie anschließend, wofür die Bewertung benötigt wird (z.B. Verkauf, Kauf, Finanzierung).
  • Entscheiden Sie sich anhand der folgenden Kriterien für das Verfahren, das am ehesten Ihren Bedürfnissen entspricht:
Vergleichstabelle der drei Immobilienbewertungsverfahren (Ertragswertverfahren, Sachwertverfahren, Vergleichswertverfahren) mit Kriterien wie Eignung, Datenbasis, Marktsituation, Genauigkeit und Schwierigkeit.

Auf welchen rechtlichen und wirtschaftlichen Grundlagen basiert das Ertragswertverfahren?

Grundlage für das Ertragswertverfahren sind insbesondere die Paragraphen 17 bis 20 der Immobilienwertermittlungsverordnung ImmoWertV. Dort ist unter anderem nachzulesen, dass für die Ermittlung der Erträge Summen herangezogen werden sollen, die dem aktuellen Marktstandard entsprechen.

Das bedeutet, dass bei einem vermieteten Objekt nicht die tatsächlichen Mieteinnahmen relevant sind, sondern stattdessen diejenigen Werte, die marktüblich sind.

Darüber hinaus sind die Paragraphen 21 (Liegenschaftszins) und 31 (Rohertrag) relevant.

IDW S1-Verfahren: Eine Weiterentwicklung des Ertragswertverfahrens

Eine Weiterentwicklung des Ertragswertverfahrens, das sogenannte IDW S1-Verfahren, beruht auf den "Grundsätzen zur Durchführung von Unternehmensbewertungen", die vom Institut für Wirtschaftsprüfer in Deutschland IWD veröffentlicht wurden.

Das IDW S1-Verfahren versucht dabei, zukünftige Gewinne eines Unternehmens realistisch einzuschätzen, während sich das Ertragswertverfahren an den vergangenen Gewinnen orientiert.

In Österreich trägt das Verfahren übrigens eine andere Bezeichnung. Man spricht hier vom *Fachgutachten des Fachsenats für Betriebswirtschaft und Organisation der Kammer der Wirtschaftstreuhänder zur Unternehmensbewertung* oder kurz KFS/BW 1.

Relevante Grundlagen: der Liegenschaftszins

Für die Berechnung des Ertragswerts müssen zunächst verschiedene Kennzahlen ermittelt werden. Die Vorgehensweise wird insbesondere durch die Immobilienwertermittlungsverordnung vorgegeben. Eine dieser Größen ist der sogenannte Liegenschaftszinssatz.

Dabei handelt es sich per Definition um Zinssätze zur Kapitalisierung, "mit denen Verkehrswerte von Grundstücken je nach Grundstücksart im Durchschnitt marktüblich verzinst werden" (ImmoWertV, § 21).

Festgelegt wird der Liegenschaftszins vom Gutachterausschuss für Grundstückswerte. Dafür ziehen diese Daten vergangener Markttransaktionen heran. Konkret haben unter anderem die Lage, die Verkehrsanbindung oder auch die Art des Gebäudes Einfluss auf den Liegenschaftszins.

Eine vereinfachte Ermittlung kann mithilfe der Formel Nettomieteinnahmen eines Jahres / Kaufpreis erzielt werden; es handelt sich dabei allerdings nur um einen Richtwert, weil der Bodenwert oder die Restnutzungsdauer nicht einbezogen werden.

Der Liegenschaftszins - die Renditekennzahl

Der Liegenschaftszins ist eine der wichtigsten Kennzahlen im Ertragswertverfahren und gibt die marktübliche Verzinsung für Immobilien an. Je niedriger der Liegenschaftszins, desto wertvoller die Immobilie.

Typische Werte liegen zwischen:

• 2-4% für Wohnimmobilien in guten Lagen

• 4-6% für Gewerbeimmobilien

• 5-7% für Einzelhandelsimmobilien

Der Wert wird von Gutachterausschüssen anhand von Marktdaten ermittelt und regelmäßig aktualisiert.

Weitere Grundbegriffe: Rohertrag, Bewirtschaftungskosten, Reinertrag, Restnutzungsdauer

Weitere Größen, die im Ertragswertverfahren eine wichtige Rolle spielen, sind Erträge und Aufwendungen. Man unterscheidet dafür den Rohertrag, die Bewirtschaftungskosten und die Reinerträge.

Mit dem Rohertrag sind dabei die "bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung und zulässiger Nutzung marktüblich erzielbare[] Erträge[]" (ImmoWertV § 31) gemeint. Vereinfacht sind das die Mieteinnahmen eines Jahres, sofern sie dem Marktdurchschnitt entsprechen. Andernfalls muss dieser Wert stattdessen herangezogen werden.

Die Bewirtschaftungskosten hingegen umfassen die tatsächlichen:

  • Instandhaltungskosten
  • Betriebskosten
  • Verwaltungskosten

Hinzu kommt das sogenannte Mietausfallwagnis, eine Pauschale, die Leerstand von Mietwohnungen einkalkuliert. Für die Berechnung des Mietausfallwagnis werden in der Regel 2 Prozent von der Jahresbruttomiete angesetzt.

Früher genügte für die Ermittlung der Bewirtschaftungskosten ein Richtwert, der 20 Prozent der Netto-Mieteinnahmen entspricht. Mit der Novellierung des Bewertungsgesetzes (BewG) zum 1. Januar 2023 sind pauschale Ansätze für Bewirtschaftungskosten bei der steuerlichen Immobilienbewertung nicht mehr zulässig. Stattdessen müssen gemäß § 185 BewG die tatsächlichen Bewirtschaftungskosten nachgewiesen und angesetzt werden.

Der Reinertrag ergibt sich schließlich, indem man die Bewirtschaftungskosten von den Roherträgen abzieht.

Restnutzungsdauer im Ertragswertverfahren

Zuletzt ist die Restnutzungsdauer eine wichtige Größe des Ertragswertverfahrens. Sie bestimmt die Höhe des sogenannten Vervielfältigers, und dieser wiederum berechnet den endgültigen Ertragswert einer Immobilie.

Die Immobilienwertermittlungsverordnung enthält in Anlage 1 die Gesamtnutzungsdauer für verschiedene Gebäudearten. Die Restnutzungsdauer ergibt sich bei unrenovierten Gebäuden aus der Gesamtnutzungsdauer gemäß Anlage 1 der ImmoWertV abzüglich der Jahre, in denen die Immobilie bisher genutzt wurde.

Allgemein lässt sich sagen, dass der Wert einer Immobilie größer ist, je höher ihre Restnutzungsdauer ausfällt.

Vorgehensweise zur Ermittlung der Erträge und Aufwendungen

Das folgende Beispiel soll die Bestimmung des Ertrags und der Aufwendungen verdeutlichen:

Für eine Immobilie werden pro Monat 1.000 Euro Miete verlangt. Die Instandhaltungskosten lagen im vergangenen Jahr bei 750 Euro, an Betriebs- und Verwaltungskosten fielen 1.800 Euro an.

  • Die Roherträge liegen damit bei 12 * 1.000 Euro Miete = 12.000 Euro.
  • Die Bewirtschaftungskosten betragen 750 Euro + 1.800 Euro + (12.000 Euro * 0,02) = 2.790 Euro.
  • Der Reinertrag umfasst 12.000 Euro - 2.790 Euro = 9.210 Euro.

Wie erfolgt die Berechnung des Ertragswertes Schritt für Schritt?

Das Ertragswertverfahren ist komplex und hängt von zahlreichen Faktoren ab. Für eine exakte Bewertung des Ertrags einer Immobilie sollten Sie sich daher an einen Sachverständigen wenden.

Es gibt jedoch ein sogenanntes vereinfachtes Ertragswertverfahren, dessen Ergebnis Sie selbst berechnen können. Dabei finden verschiedene Formeln Anwendung, die wir Ihnen zunächst vorstellen.

Anschließend erläutern wir dann Schritt für Schritt, was Sie bei der Größenberechnung beachten müssen.

Das Ertragswertverfahren im Überblick

Prüfungsunterlagen mit Antwortbögen, Taschenrechner, Bleistift, Lineal, Notizbuch, Haftnotizen und Büroklammern auf einem beigen Untergrund arrangiert.

Berechnung des Ertragswerts einer Immobilie

1

Ermitteln Sie den Bodenwert

Bodenwert (BW) = Bodenrichtwert (BRW) * Fläche des Grundstücks (GF)

2

Berechnen Sie den Grundstücksreinertrag

Grundstücksreinertrag (GSR) = Rohertrag (RE) - Bewirtschaftungskosten (BK)

3

Ermitteln Sie den Gebäudereinertrag

Gebäudereinertrag (GBR) = Grundstücksreinertrag (GSR) - Bodenwertverzinsung (BWV)

4

Berechnen Sie den Gebäudeertragswert

Gebäudeertragswert (GEW) = Gebäudereinertrag (GBR) * Vervielfältiger (V)

5

Ermitteln Sie den Ertragswert

Ertragswert (EW) = Bodenwert (BW) + Gebäudeertragswert (GEW)

Die verschiedenen Werte im Detail

Werfen wir nun einen genaueren Blick auf die einzelnen Größen. In der ersten Formel war vom Bodenwert und vom Bodenrichtwert die Rede. Der Bodenrichtwert hängt von der jeweiligen Stadt oder Gemeinde ab und kann dort erfragt oder auf der jeweiligen Internetseite eingesehen werden. Gutachterausschüsse legen die Werte regelmäßig neu fest. Grundstücke können mithilfe dieses Wertes eingeschätzt werden, indem die Größe des Grundstücks mit dem jeweiligen Bodenrichtwert multipliziert wird. Das Ergebnis bezeichnet man als Bodenwert.

Für den Gebäudeertragswert spielen verschiedene Faktoren eine Rolle:

  1. Zunächst müssen Sie den Grundstücksreinertrag ermitteln:

- Ziehen Sie dafür vom Rohertrag (den Jahresmieteinnahmen) Ihre individuellen Bewirtschaftungskosten ab.

  1. Anschließend müssen Sie davon die sogenannte Bodenwertverzinsung abziehen:

- Für die Kalkulation der Bodenwertverzinsung multiplizieren Sie den Bodenwert mit dem dazugehörigen Liegenschaftszins.

  1. Damit können Sie nun den Gebäudereinertrag berechnen:

- Subtrahieren Sie die Bodenwertverzinsung vom Grundstücksreinertrag.

  1. Jetzt benötigen Sie nur noch den Vervielfältiger:

- Ermitteln Sie dafür zunächst die Restnutzungsdauer mithilfe Anlage 1 der ImmoWertV.

- Setzen Sie den Wert anschließend in die folgende Formel ein:

Vervielfältiger-Formel

Formel

$$V = \frac{1 - (1 / (1 + i)^n)}{i}$$

Dabei gilt:

  • V = Vervielfältiger
  • i = Liegenschaftszins (als Dezimalzahl)
  • n = Restnutzungsdauer in Jahren

Bedeutung

In Worten: Der Vervielfältiger gibt an, wie viele Jahre Jahresreinertrag dem Kapitalwert entsprechen.

Beispielrechnung

Für ein Gebäude mit einer Restnutzungsdauer von 20 Jahren und einem Liegenschaftszins von 3,5 Prozent ergibt sich also folgende Rechnung:

$$V = \frac{1 - (1 / (1 + 0,035)^{20})}{0,035} = 14,21$$

Das Ertragswertverfahren mit konkreten Zahlen

Damit die einzelnen Schritte verständlicher werden, sehen wir uns ein vereinfachtes Ertragswertverfahren mit konkreten Zahlenwerten an.

**Schritt****Angenommene Größen****Zwischenschritte****Berechnung****Ergebnis**
Bodenwert berechnen500 m² Grundstücks-fläche<br>150 € BodenrichtwertBW = <br>BRW * GF = 500 m² * 150 €*75.000 €*
Grund-stücks-reinertrag450 m² Wohnfläche<br>10 € pro m² MieteBerechnung Rohertrag:<br>450 m² * 10 € * 12 = 54.000 €<br><br>Berechnung <br>Bewirtschaftungs-kosten:<br>54.000 € * 0,2 = <br>10.800 €GSR =<br>RE - BK =<br>54.000 € - 10.800 €43.200 €
Gebäude-<br>reinertrag3 % Liegenschafts-<br>zinsBerechnung <br>Bodenwert-verzinsung:<br>75.000 € * 0,03 = 2.250 €<br>GBR =<br>GSR - BWV = 43.200 € - 2.250 €40.950 €
Gebäude-ertragswert30 Jahre RestnutzungsdauerBerechnung Vervielfältiger:<br>(1 - (1 / (1 + 0,3)^30)) / 0,3 = <strong>19,60</strong>GEW =<br>GBR * V =<br>40.950 € * <strong>19,60</strong><u>802.620 €</u>
ErtragswertEW = <br>BW + GEW = *75.000 €* + <u>802.620 €</u><br>877.620 €

Welche Faktoren beeinflussen die Ertragswertberechnung?

Grundsätzlich ist das Ertragswertverfahren an dieser Stelle beendet. In einigen Fällen gibt es jedoch zusätzliche Faktoren, die sich in Form von Zuschlägen oder Abschlägen auf die Bewertung auswirken. Hier geht es um individuelle Aspekte, die in der Regel nicht in einer Formel erfasst werden können.

Mietausfallwagnis, Mietbindungen, Bauschäden und -mängel

Bei vermieteten Immobilien muss zum Beispiel das Mietausfallwagnis zu den Bewirtschaftungskosten addiert werden. Man deckt dabei präventiv den Fall ab, dass Mietzahlungen in vereinzelten Monaten ausbleiben. Dabei ist es unerheblich, ob eine Zahlungsunfähigkeit der Mieter dafür verantwortlich ist oder ob das Gebäude aufgrund eines Mieterwechsels vorübergehend leer steht.

Das Mietausfallwagnis wird je nach Immobilienart und Lage unterschiedlich angesetzt:

  • Bei Wohnimmobilien in stabilen Märkten werden häufig 2% angesetzt
  • In weniger nachgefragten Lagen kann der Wert auf bis zu 4% steigen
  • Bei Gewerbeimmobilien werden je nach Branche und Lage Werte zwischen 4% und 8% angesetzt

Darüber hinaus beeinflussen individuelle Vereinbarungen den Wert eines Gebäudes. Mietbindungen - Beispiele hierfür sind ein lebenslanges Wohnrecht oder der zeitlich befristete Kündigungsschutz von Mietern - gehören dabei zu den Faktoren, die sich negativ auf die Bewertung auswirken.

Abschläge durch Bauschäden

Weitere Aspekte, die zu Abschlägen führen, sind Bauschäden.

  • Sofern es sich dabei um behebbare Mängel handelt, führen diese zu Abschlägen beim Ertragswertverfahren.
  • Voraussetzung hierfür ist, dass die Schäden weder in der Höhe der Jahresmiete noch in der Höhe des Vervielfältigers Berücksichtigung finden.

Sind die Bauschäden von Dauer und besteht keine Möglichkeit, diese zu beheben, führen die Mängel sogar zu einer Minderung der Restnutzungsdauer und wirken sich dadurch negativ auf den Vervielfältiger aus.

Beispiel:

Eine Wohnung mit einem jährlichen Reinertrag von 10.000€ weist Feuchtigkeitsschäden mit Reparaturkosten von 15.000€ auf. Diese Kosten werden als einmaliger Abschlag vom Ertragswert abgezogen, sofern sie nicht bereits im Mietpreis oder der Restnutzungsdauer berücksichtigt wurden.

Vorsicht bei Bauschäden und Mängeln!

Bauschäden können den Ertragswert einer Immobilie erheblich reduzieren. Während behebbare Schäden als direkter Abschlag vom Ertragswert angesetzt werden, führen dauerhafte Schäden zu einer Verringerung der Restnutzungsdauer. Dies wirkt sich negativ auf den Vervielfältiger aus und kann den Immobilienwert drastisch senken. Eine professionelle Bestandsaufnahme vor dem Kauf ist daher unerlässlich.

Die Rolle des Vervielfältigers

Der Vervielfältiger selbst ist eine weitere Größe, die die Bewertung von Immobilien oder Unternehmen beeinflusst. Doch was genau sagt dieser Begriff eigentlich aus? Im Grunde genommen geht es vor allem darum, nach wie vielen Jahren sich eine Investition amortisiert.

Im Beispiel des letzten Kapitels lag der Vervielfältiger bei 19,60. Das würde bedeuten, dass in diesem Fall die Investitionskosten nach knapp 20 Jahren durch Mieteinnahmen gedeckt werden. Das bedeutet auch:

  • Je höher der Vervielfältiger, desto geringer ist die Rendite für Investoren
  • Je geringer der Vervielfältiger, desto rentabler ist eine Investition

Für Geschäftsgrundstücke berechnet sich in der Regel ein geringerer Vervielfältiger als für Mietwohngrundstücke. Das bedeutet, beim Kauf eines Unternehmens sind höhere Renditen möglich. Gleichzeitig ist es allerdings auch schwieriger, Mieter für solche Immobilien zu finden.

Beeinflusst wird der Vervielfältiger von zwei Hauptfaktoren:

  1. Dem Liegenschaftszins
  2. Der Restnutzungsdauer

Je höher diese beiden Faktoren ausfallen, desto höher ist auch der Vervielfältiger.

Immobilieninvestition: Worauf Sie achten sollten

Das bedeutet auch, wenn Sie über den Kauf eines Grundstücks oder eines Unternehmens nachdenken, sollten Sie darauf achten, dass der Vervielfältiger möglichst gering ist.

Diesen weisen Grundstücke oder Immobilien mit einem geringen Liegenschaftszins und einer moderaten Restnutzungsdauer auf.

Bauschäden oder -mängel aufgrund verpasster Instandhaltungsbemühungen wirken sich ebenfalls negativ auf den Verkehrswert aus.

Käufer können so mit weniger Kapital investieren, müssen allerdings gleichzeitig bedenken, dass sich dies auch negativ auf die Erträge auswirken wird.

  • Eine Sensitivitätsanalyse zeigt die Auswirkungen auf den Gebäudeertragswert bei Veränderung der Einflussgrößen:

- Erhöhung des Liegenschaftszinses von 3% auf 4%: Senkung des Vervielfältigers von 19,60 auf 16,05 (-18%)

- Verringerung der Restnutzungsdauer von 30 auf 20 Jahre: Senkung des Vervielfältigers von 19,60 auf 14,88 (-24%)

Die positive Auswirkung von energetischen Sanierungen auf den Ertragswert

Es gibt allerdings auch Aspekte beim Ertragswertverfahren, die sich positiv auf den Gebäude- oder Unternehmenswert auswirken. Dazu gehören energetische Sanierungen, wie eine Studie des Immobilienbewertungsunternehmens PriceHubble zeigte.

Dafür wurden in drei deutschen Großstädten - in München, Berlin und Hamburg - die Verkaufspreise für insgesamt mehr als 18.000 Wohnungen miteinander verglichen. In allen Städten erhöhte sich der Immobilienwert nach einer Sanierung:

  • In München beispielsweise steigt der Quadratmeterwert von energieeffizienten Immobilien um beeindruckende 41 Prozent
  • Ähnlich signifikante Zuwächse verzeichnen Hamburg mit einer Steigerung von 32 Prozent
  • Berlin verzeichnet einen Anstieg um 23 Prozent (1)

Mithilfe gezielter Maßnahmen können Käufer also dafür sorgen, dass ihre Immobilien deutlich an Wert gewinnen.

3D-Modell eines zweistöckigen Hauses mit orangefarbenem Dach auf Bauplänen, daneben eine Energieeffizienzskala von A (grün) bis G (rot)

Wie unterscheidet sich das Ertragswertverfahren bei verschiedenen Immobilienarten?

Bisher wurde beim Ertragswertverfahren hauptsächlich von vermieteten Immobilien gesprochen. Tatsächlich findet das Verfahren jedoch auch bei der Unternehmensbewertung Anwendung, und auch spezielle Gebäude wie Hotels oder Krankenhäuser können damit bewertet werden. Werfen wir deshalb nun einen Blick auf die jeweiligen Unterschiede und Herausforderungen der Ertragswertmethode.

Besonderheiten bei Wohnimmobilien, Unternehmen und Spezialimmobilien

Für die Bewertung von vermieteten Wohnimmobilien sind zahlreiche Faktoren relevant. Hier liegt die größte Herausforderung des Verfahrens - gerade für Laien ist es nämlich schwierig, alle Kennzahlen korrekt zu ermitteln. Oftmals fällt dies auch Fachleuten schwer, weil es keine offiziellen Werte gibt.

So ist beispielsweise der Liegenschaftszins in ländlichen Gebieten häufig ungenau, weil wenig Vergleichsobjekte vorhanden sind, die sich auf diese Größe auswirken. Gleichzeitig hat der Liegenschaftszins großen Einfluss auf das Ergebnis des Ertragswertverfahrens - ein ungenauer Wert führt deshalb schnell zu deutlichen Fehleinschätzungen.

Ebenfalls herausfordernd ist die Berücksichtigung sämtlicher Zu- und Abschläge.

Ertragswert eines Unternehmens vs. Immobilien

Der Ertragswert eines Unternehmens definiert sich gänzlich anders als der von vermieteten Immobilien. Hier geht es darum, Prognosen zu erstellen, wie hoch voraussichtlich die Überschüsse des Unternehmens ausfallen werden, die sich der neue Eigentümer auszahlen lassen wird.

Eine besondere Herausforderung bei der Berechnung des Unternehmenswertes ist die Berücksichtigung des Leerstandrisikos, das bei Gewerbeimmobilien deutlich höher liegt als bei Wohnimmobilien.

Auch die Abschätzung der marktüblichen Höhe von Gewerbemieten - schließlich verlangt das Ertragswertverfahren als Grundlage marktübliche Werte - ist aufgrund geringer Vergleichsgrößen oftmals komplex.

Wertermittlung von Spezialgebäuden

Noch komplizierter wird es bei der Wertermittlung von Spezialgebäuden wie Krankenhäuser oder Hotels. Auch diese erwirtschaften Erträge, weshalb es möglich sein sollte, ihren Unternehmenswert mithilfe der Ertragswertmethode zu bestimmen. Gleichzeitig treten hier jedoch branchenspezifische Besonderheiten auf, die es zu berücksichtigen gilt und die selbst Experten oftmals vor Herausforderungen stellen.

Beispiel: Krankenhäuser

Viele Krankenhäuser verzeichnen beispielsweise seit Jahren keine Überschüsse. Infolgedessen gibt es auch keine jährliche Zinszahlung, die man als ewige Rente bezeichnet. Dennoch soll gerade diese ewige Rente im Ertragswertverfahren berücksichtigt werden.

Relevante Faktoren bei der Bewertung von Krankenhäusern:

  • Case-Mix-Index (= Schweregrad der behandelten Fälle)
  • Bettenbelegung (= durchschnittliche Auslastung)
  • Vergütungssätze der Kostenträger
  • Personalkosten und -verfügbarkeit

Einflussfaktoren auf den Unternehmenswert von Hotels

Bei Hotels ist die Liste der Faktoren, die den Unternehmenswert beeinflussen, ebenfalls sehr lang. Dazu zählen:

  • der Standort
  • die Reputation
  • die Zahl der jährlichen Übernachtungen
  • die Kosten für Personalübernahmen

Außerdem müssen folgende Kennzahlen beachtet werden:

  • ADR (Average Daily Rate = durchschnittlicher Zimmerpreis)
  • Belegungsrate (durchschnittliche Auslastung im Jahresverlauf)
  • RevPAR (Revenue per Available Room = Umsatz pro verfügbarem Zimmer)
  • GOP (Gross Operating Profit = Betriebsergebnis vor fixen Kosten)
Gast mit Koffer wird an einem elegant gestalteten Hotelempfang von einem Rezeptionisten begrüßt. Der Empfangstresen hat eine dunkle Holzvertäfelung, dahinter steht in großen Buchstaben "RECEPTION" an der goldenen Wand.

Vorgehensweise bei der Berechnung des Unternehmenswertes

Um zu verdeutlichen, wie sehr sich das Ertragswertverfahren einer Wohnimmobilie von der eines Unternehmens unterscheidet, betrachten wir die Bewertung eines Unternehmens, beispielsweise für einen Unternehmensverkauf, etwas genauer. Diese läuft in sechs Schritten ab:

  1. Zunächst wird aus den Werten der vergangenen drei Geschäftsjahre und der Prognose für die kommenden zwei Geschäftsjahre die voraussichtliche Höhe der Überschüsse ermittelt.
  2. Danach muss der Zinssatz berechnet werden, mit dem zukünftige Gewinne mit der aktuellen Situation verrechnet werden.
  3. Anschließend werden die Überschussbarwerte kalkuliert.
  4. Im Anschluss wird die ewige Rente ermittelt.
  5. Diese wird danach zu den Barwerten addiert, um eine Prognose zu den Erträgen der Zukunft zu erhalten.
  6. Der Gesamtwert des Unternehmens ergibt sich, wenn zusätzlich vorhandene Schulden einbezogen werden.

Im Gegenzug läuft die Wertermittlung eines Bürogebäudes nach dem vormals beschriebenen Schema ab, wie das folgende Rechenbeispiel zeigt:

  1. Annahme: Bürogebäude in zentraler Lage mit folgenden Daten:

a. Grundstücksfläche: 800 m², Bodenrichtwert: 500 €/m²

b. Bürofläche: 1.200 m², Miete: 15 €/m² monatlich

c. Liegenschaftszins: 5 %, Restnutzungsdauer: 25 Jahre

d. Bewirtschaftungskosten: 25 % des Rohertrags

  1. Ertragswertermittlung:

a. Bodenwert: 800 m² × 500 € = 400.000 €

b. Rohertrag: 1.200 m² × 15 € × 12 = 216.000 €

c. Bewirtschaftungskosten: 216.000 € × 0,25 = 54.000 €

d. Grundstücksreinertrag: 216.000 € - 54.000 € = 162.000 €

e. Bodenwertverzinsung: 400.000 € × 0,05 = 20.000 €

f. Gebäudereinertrag: 162.000 € - 20.000 € = 142.000 €

g. Vervielfältiger: 14,09 (bei i = 5 %, n = 25)

h. Gebäudeertragswert: 142.000 € × 14,09 = 2.000.780 €

i. Ertragswert gesamt: 400.000 € + 2.000.780 € = 2.400.780 €

So geht's: Ertragswertberechnung für verschiedene Immobilienarten

Je nach Immobilienart müssen andere Spezifika bei der Ertragswertberechnung berücksichtigt werden. Achten Sie insbesondere auf die folgenden Aspekte:

  1. Bürogebäude:

- Ermitteln Sie die marktüblichen Mieten für Büroflächen in der Region

- Berücksichtigen Sie einen höheren Liegenschaftszins (typisch: 4,5 - 6 %)

- Kalkulieren Sie mit höheren Mietausfallrisiken (4 - 5 %)

  1. Einzelhandelsimmobilien:

- Analysieren Sie die Lage und Passantenfrequenz

- Berücksichtigen Sie branchenspezifische Mieten (€/m² je nach Einzelhandelssektor)

- Beachten Sie kürzere Mietvertragslaufzeiten und höhere Fluktuation

  1. Hotels:

- Basieren Sie die Berechnung auf dem GOP (Gross Operating Profit)

- Berücksichtigen Sie Saisonalität und touristische Entwicklung

- Kalkulieren Sie mit einem branchenüblichen Vervielfältiger (Faktor 10-14)

Welche Vor- und Nachteile hat das Ertragswertverfahren?

Das Ertragswertverfahren kommt immer dann infrage, wenn es um Grundstücke mit Immobilien geht, die Ertragswerte einbringen, beispielsweise durch Mieteinkünfte. Potenzielle Käufer, die sich für den Grundstücksmarkt interessieren und den Wert einer Wohn- oder Gewerbeimmobilie ermitteln möchten, profitieren bei diesem Wertermittlungsverfahren von einigen Vorteilen, müssen aber auch Nachteile berücksichtigen.

Vor- und Nachteile des Ertragswertverfahrens

Das vereinfachte Ertragswertverfahren überzeugt durch eine relativ einfache Berechnung. Wenn alle Größen bekannt sind - und die meisten davon lassen sich mit recht wenig Aufwand in Erfahrung bringen -, müssen die Werte nur noch in die passenden Berechnungsformeln eingetragen werden.

Das daraus resultierende Ergebnis stellt den Verkehrswert dar, also den Preis, den der Verkauf des Grundstücks voraussichtlich erzielen wird. Käufer können sich mithilfe dieses Verfahrens also selbst einen Eindruck darüber machen, ob der Kauf beziehungsweise Verkauf ihren Vorstellungen entspricht.

Vorteil: Marktorientierte Wertermittlung

Ein weiterer Vorteil ist die Marktorientierung bei der Wertermittlung und die damit einhergehende Praxisnähe.

Das Ertragswertverfahren umfasst viele Komponenten, die sicherstellen sollen, dass der Wert eines Gebäudes mit Renditeorientierung möglichst exakt erfasst wird.

Gerade bei solchen Immobilien ist das Wertermittlungsverfahren, das auf dem Ertragswert beruht, unschlagbar.

Herausforderungen bei der Verkehrswertermittlung

Trotz der überzeugenden Vorteile gibt es auch einige Herausforderungen, die bei der Verkehrswertermittlung bedacht werden sollten. Dazu gehört die fehlende Berücksichtigung von zukünftigen Veränderungen.

So wird der Ertragswert von Mietwohngrundstücken, also vermieteten Mehrfamilienhäusern, auf der Basis des aktuellen Mietpreises berechnet. Sobald sich die Kosten hierfür jedoch erhöhen, weicht der tatsächliche Ertragswert vom Ergebnis der Wertermittlung ab.

Je früher die Mietanpassung dabei erfolgt und je größer sie ausfällt, desto deutlicher ist die zu erwartende Abweichung des tatsächlichen vom berechneten Ertragswert.

Nachteil: Abhängigkeit vom Liegenschaftszins

Ein weiterer Nachteil ist die starke Abhängigkeit einer korrekten Kalkulation vom Liegenschaftszins. Dieser kann jedoch nicht von allen Gemeinden zur Verfügung gestellt werden. Sobald er allerdings nicht vorliegt, kann der Vervielfältiger und damit letztlich der Gebäudeertragswert nicht genau berechnet werden. Je weiter eine Schätzung von der Einschätzung durch Experten abweicht, desto ungenauer wird auch der Ertragswert ermittelt.

Vorteile des Ertragswertverfahrens | Nachteile des Ertragswertverfahrens

Vorteile
    Fokus auf Rendite und zukünftige Erträge
    Standardisierte Methodik mit gesetzlicher Grundlage
    Berücksichtigung von Bodenwert und Gebäudewert
    Praxisnahe Bewertung für Renditeobjekte
    Relativ einfache Berechnung mit bekannten Kennzahlen
Nachteile
    Hohe Abhängigkeit vom Liegenschaftszins
    Schwierige Ermittlung genauer Kennzahlen (besonders in ländlichen Gebieten)
    Keine Berücksichtigung zukünftiger Mietpreisentwicklungen
    Ungeeignet für selbstgenutzte Immobilien
    Komplexität bei Spezialimmobilien wie Hotels oder Krankenhäusern

Vor- und Nachteile weiterer Wertermittlungsverfahren von Immobilien

Wie schon erwähnt gibt es neben dem Ertragswertverfahren noch weitere Modelle, um den Wert der baulichen Anlagen zu bestimmen. Auch diese weisen spezifische Vor- und Nachteile auf.

Vergleichswertmethode

Vorteile:

  • Einfache Kalkulation
  • Orientierung an der Dynamik des Marktes
  • Liefert realitätsnahe Ergebnisse

Nachteile:

  • Kalkulation kann nicht von potenziellen Käufern selbst durchgeführt werden
  • Erfordert Zugriff auf eine umfangreiche Datenbank
  • Nicht geeignet für Immobilien mit geringer Anzahl an Vergleichsobjekten

Das Sachwertverfahren

Das Sachwertverfahren, das ebenfalls zu den Wertermittlungsverfahren gehört, zielt auf eine sachliche Einschätzung der Qualität von Gebäuden ab. Es ist deshalb gut geeignet, um Aussagen über den aktuellen Wert eines Gebäudes zu treffen.

Vorteile:

  • Ermöglicht eine sachliche Einschätzung der Gebäudequalität
  • Gut für die Bestimmung des aktuellen Gebäudewerts

Nachteile:

  • Nicht in der Lage, Ertragswerte zu ermitteln
  • Anpassungen an Veränderungen der Marktsituation erfolgen nicht immer sofort, weshalb mitunter die Aktualität leidet

Verschiedene Berechnungsverfahren - verschiedene Ergebnisse

Mit dem Sach-, dem Vergleichs- und dem Ertragswertverfahren gibt es drei anerkannte Methoden, um den Immobilienwert zu bestimmen. Welches in der konkreten Situation zum Einsatz kommt, sollte jedoch gut überlegt sein; es ist nämlich nicht ausgeschlossen, dass verschiedene Bewertungsverfahren bei demselben Gebäude zu unterschiedlichen Ergebnissen bezüglich des Wertes kommen.

Dies unterstreicht das folgende Fallbeispiel eines Einfamilienhauses mit 150 m² Wohnfläche aus dem Jahr 1980, das 2010 saniert wurde.

Herstellungskosten: 150m² × 2.200€/m² = 330.000€

Alterswertminderung: 40%

Sachwert Gebäude: 198.000€

Bodenwert: 100.000€

Gesamtsachwert: 298.000€

  • Das Vergleichswertverfahren berechnet den Immobilienwert wie folgt:
  • Durchschnittlicher Kaufpreis vergleichbarer Objekte: 1.250€/m²
  • Vergleichswert: 150m² × 1.250€/m² = 187.500€

* Monatsmiete: 900€

* Jahresrohertrag: 10.800€

* Bewirtschaftungskosten: 2.160€

* Reinertrag: 8.640€

* Bodenwert: 100.000€

* Bodenwertverzinsung (3,5%): 3.500€

* Gebäudereinertrag: 5.140€

* Vervielfältiger (bei i=3,5%, n=30): 17,92

* Gebäudeertragswert: 92.109€

* Ertragswert gesamt: 192.109€

Vergleich der Bewertungsverfahren bei Immobilien

In diesem Fall liegen zwischen dem Sach- und dem Ertragswertverfahren mehr als 100.000 Euro Unterschied - es ist also überaus wichtig, je nach Funktion dasjenige Verfahren auszuwählen, das am besten für die jeweiligen Zwecke geeignet ist.

Wann ist das Ertragswertverfahren die beste Wahl?

  • Erforderliche Bedingungen für Ertragswertverfahren:

    • Die Immobilie wird hauptsächlich zur Erzielung von Erträgen genutzt
    • Es handelt sich um Mehrfamilienhäuser, Büro- oder Geschäftsgebäude
    • Die Rendite steht im Vordergrund
    • Verlässliche Daten zu Mieten und Bewirtschaftungskosten liegen vor
  • Verwenden Sie andere Verfahren, wenn...

    • Die Immobilie selbst genutzt wird (→ Sachwertverfahren)
    • Es sich um ein unbebautes Grundstück handelt (→ Vergleichswertverfahren)
    • Keine verlässlichen Ertragsdaten vorliegen
    • Die Immobilie in einem Sondermarkt liegt

Welche aktuellen Trends und Entwicklungen gibt es im Bereich Ertragswertverfahren?

Das Ertragswertverfahren wird regelmäßig von verschiedenen Gerichten als funktionale Methode für die Wertermittlung von Immobilien anerkannt. Dennoch gibt es einige Entwicklungen, die Auswirkungen auf das Modell haben. Dazu gehören vor allem die Veränderungen des Immobilienmarktes der letzten Jahre.

Zu den wichtigsten Faktoren zählen:

  • Während das Zinsniveau auf ein unerwartetes Hoch kletterte
  • Politische Vorgaben wie die Mietpreisbremse sorgen dafür, dass Kosten nur bedingt auf die Mieter umgelegt werden können
  • Gleichzeitig bildet das Ertragswertmodell Erhöhungen der Mietpreise gar nicht ab

Für potenzielle Interessenten von Mietwohngrundstücken wird es dadurch schwierig, verlässliche Prognosen zu erhalten.

Digitalisierung in der Immobilienbewertung

Darüber hinaus macht die Digitalisierung auch vor traditionellen Bewertungsverfahren nicht Halt. So werden immer mehr Softwares und Datenbanken entwickelt, die Betroffene bei der möglichst aussagekräftigen Bewertung eines Gebäudes unterstützen sollen.

Im Vergleich zu den kostenlosen Rechnern im Internet, die auf verschiedenen Immobilienwebseiten angeboten werden, handelt es sich hierbei in der Regel um umfangreiche Datengrundlagen, die regelmäßig von Experten überprüft und aktualisiert werden.

Solche Tools ermöglichen dadurch eine deutlich fundiertere Einschätzung des Gebäudeertragswertes als Anwendungen, die auf der Eingabe weniger oberflächlicher Informationen beruhen.

Digitale Tools für die Ertragswertberechnung nutzen

Moderne Immobilienbewertungs-Software kann Ihnen die Ertragswertberechnung erheblich erleichtern. Diese Lösungen bieten:

• Aktuelle Marktdaten zu Mieten und Bodenrichtwerten

• Automatische Berechnung des Liegenschaftszinses aus Vergleichstransaktionen

• Szenarien-Analysen für verschiedene Entwicklungen des Immobilienmarktes

• Berücksichtigung regionaler Besonderheiten

Achten Sie auf Programme, die regelmäßig aktualisiert werden und von Experten entwickelt wurden.

Anpassung des Ertragswertverfahrens an wirtschaftliche Gegebenheiten

Auch der Gesetzgeber hat ein Interesse daran, das Ertragswertverfahren an die aktuellen wirtschaftlichen Vorgaben anzupassen. Das zeigt sich daran, dass regelmäßig Änderungen an relevanten Bezugsgrößen vorgenommen werden, wie:

  • den Bewirtschaftungskosten
  • dem Vervielfältiger

Diese Anpassungen erfolgten zuletzt erst im Jahr 2023. Bei dieser Aktualisierung ging es unter anderem um die Vereinheitlichung von maßgeblichen Werten, die beispielsweise bei der Bodenwertverzinsung eine Rolle spielen. Auch der Liegenschaftszins wurde angepasst, wodurch sich der Immobilienwert häufig deutlich erhöht hat.

Die Zukunft des Gebäude- und Unternehmensertragswertverfahrens

Die Zukunft des Gebäude- und Unternehmensertragswertverfahrens wird von Experten dennoch positiv eingeschätzt. Bis heute ist es das meistgenutzte Bewertungsverfahren auf dem Immobilienmarkt in Deutschland, dessen Aussagekraft von den hiesigen Gerichten nicht bestritten wird.

Damit das auch so bleibt, wird es notwendig sein, dass Veränderungen der Marktsituation auch weiterhin in geeignetem Maße Berücksichtigung finden. Auch das Angebot von digitalen Tools wird voraussichtlich dafür sorgen, dass das Gebäude- und Unternehmensertragswertverfahren nichts von seiner Beliebtheit auf dem Immobilienmarkt einbüßt.

Wünschenswert wäre eine Möglichkeit, um Veränderungen bei den Mietpreisen in der Bewertung abzubilden. Vielleicht lassen sich entsprechende Szenarien in Zukunft mithilfe von Künstlicher Intelligenz abbilden.

Denn Fakt ist: Das Ertragswertverfahren ist ein wichtiges Tool zur Einschätzung des Gebäudeertragswertes - allerdings nur, wenn es auch zukünftig verlässliche Kalkulationen liefert.

Häufige Fragen zum Thema Ertragswertverfahren